



Frauen entgehen monatlich 677 Franken Lohn, weil sie keine Männer sind
Y ne Feri
Zur Mindestlohn-Initiative: In den Voten der Gegnerinnen und Gegner der Initiative habe ich nun oft gehört, dass der liberale Arbeitsmarkt die gute Beschäftigungssituation der Schweiz und damit auch das Erfolgsmodell ausmache. Ich sage Ihnen dazu: Es ist auch der liberale Arbeitsmarkt, der Armut schafft.
Nämlich für jene Tiefstlohnbezügerinnen - ich sage extra "-innen", weil es zu drei Vierteln Frauen betrifft -, die für eine 100-Prozent-Stelle weniger als 4000 Franken verdienen. Die Argumente, eine Lehre würde sich nicht mehr lohnen oder Schüler und Schülerinnen würden für eine Aushilfsarbeit zu viel verdienen, gehen völlig am Kernproblem, über das wir diskutieren sollten, vorbei: Es gibt in der Schweiz rund 300 000 Arbeitnehmerinnen, die unter 4000 Franken verdienen. Sie arbeiten vor allem im Dienstleistungsbereich, also als Detailhandelsangestellte, als Coiffeusen, als Restaurationsfachfrauen, als Floristinnen. Sie haben eine Lehre absolviert und verdienen trotzdem nicht mehr als 4000 Franken. Die Lehre lohnt sich hier also definitiv nicht; einen Mangel an Lehrabgängerinnen in diesen Berufen gibt es aber trotzdem nicht. (…)
Frauen als Tiefstlohnbezügerinnen
Es sind Frauen, die Tiefstlohnbezügerinnen sind, weil die Berufe, die ich vorher aufgezählt habe, schlecht bewertet und somit auch schlecht entlohnt werden, und es sind Frauen, weil in der Schweiz die Lohngleichheit bei gleicher und gleichwertiger Arbeit nicht verwirklicht ist. Frauen entgehen pro Monat 677 Franken Lohn, weil sie keine Männer sind. Pro Jahr gehen den Frauen also 7,7 Milliarden Franken generell verloren, weil der Staat nicht in die Löhne eingreifen soll. Ja, dies scheint sich, zynisch gesagt, auf den ersten Blick durchaus zu lohnen. Jedoch benötigt es staatliche Unterstützung, weil genau dieselben Frauen auch nicht von ihrem Lohn leben können. Das wird dann durch die Sozialhilfe ausgeglichen, obwohl die besagten Personen voll arbeitstätig sind.
Zudem benötigen die erwähnten Frauen im Alter dann Ergänzungsleistungen - auch staatliche Leistungen -, weil sie mit ihrem Lohn nicht genügend für das Altersguthaben einzahlen können. Diesem Umstand soll nun in einer Übergangslösung für die Altersvorsorge 2020 Rechnung getragen werden. Bundesrat und Parlament weigern sich aber seit Jahren beharrlich, die Ursache des Problems anzugehen, nämlich die mangelnde Lohngleichheit zwischen den Geschlechtern und damit auch die unterschiedlichen Bewertungen von Arbeit, die dazu führen, dass die Beschäftigten in gewissen Branchen völlig unterbezahlt sind.
Gegen Lohn-Ungleichheit der Geschlechter
Deshalb braucht es - vor allem anderen - endlich verbindliche Massnahmen gegen die Lohnungleichheit der Geschlechter. Da würde die Mindestlohn-Initiative einen entscheidenden Beitrag leisten, wie mehrere meiner Kolleginnen und Kollegen bereits ausgeführt haben, weil sie durch den Mindestlohn die Tiefstlöhne anheben würde, was bereits viel gegen die Lohndiskriminierung bewirken würde.
Wesentlich mehr Frauen als Männer nur mit AHV-Rente
Andererseits würden, weil der Zugang zur Rente bekanntlich von der Erwerbsarbeit abhängt, auch die Renten der Frauen verbessert, beruht doch die Altersvorsorge für 12,6 Prozent der Männer und 37,7 Prozent der Frauen nur auf der ersten Säule, also der AHV.
Es geht also überhaupt nicht darum, dass der Staat nicht in die Löhne eingreifen soll. Er soll im Gegenteil seinen Verfassungsauftrag zur Lohngleichheit endlich umsetzen. Dazu würde auch die Mindestlohn-Initiative beitragen, weshalb ich sie bitte, diese zu unterstützen.
Aus dem Nationalrats-Wortprotokoll 28.11.2013 (leicht gekürzt)
Zur Person:
Nationalrätin Yvonne Feri ist Präsidentin der SP Frauen
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Schreibwerkstatt «Wie wohnen ohne Geld?»
(Caritas-ZH) Caritas Zürich lädt Menschen mit kleinem Budget dazu ein, über ihre persönlichen Erfahrungen zu erzählen: Welche Umstände haben Sie in Ihre derzeitige Lebenslage geführt? Welchen Einfluss hat Ihre finanzielle Notlage auf Ihre Wohnsituation? Wo und wie haben Sie in den letzten Jahren gewohnt? Wo fühlten Sie sich geborgen und wo wollten Sie lieber schnell wieder weg?
Während drei Samstagen wird den Kursteilnehmenden das Schreiben als persönliches Ausdrucksmittel näher gebracht. Die Schriftstellerin Tanja Kummer begleitet zusammen mit der Journalistin Andrea Keller die individuellen Schreibprozesse und steht mit Tipps und Tricks für gelungene Texte zur Seite. Schreiben wird dabei als ein «Wort ergreifen» verstanden, als kreativer Akt, der trotz schwierigem Thema Spass macht und mitunter befähigt, sich selbst und die eigene Situation neu zu betrachten. Das Ziel der Schreibwerkstatt ist es, dass alle Teilnehmenden einen Text verfassen, der von ihrer persönlichen Situation erzählt. Die Texte werden anschliessend in einer Broschüre publiziert. Selbstverständlich können die Autoren und Autorinnen auf Wunsch anonym bleiben.
Leitung Tanja Kummer, Schriftstellerin, www.tanjakummer.ch
Andrea Keller, Journalistin, www.wir-sind-arm.ch (Kampagne 2010)
Organisation Caritas Zürich, Grundlagen, Cordula Bieri, c.bieri@caritas-zuerich.ch,
Tel. 044 366 68 78, www.caritas-zuerich.ch/schreibwerkstatt
Daten Samstag, 25. Januar 2014 10–13 Uhr / 14–17 Uhr
Samstag, 1. Februar 2014 10–13 Uhr / 14–17 Uhr
Samstag, 8. Februar 2014 10–13 Uhr / 14–17 Uhr
Ort Caritas Zürich, Beckenhofstrasse 16, 8006 Zürich, Saal C
Anmeldefrist 6. Januar 2014
Die Anzahl Plätze ist beschränkt. Wir empfehlen eine frühzeitige Anmeldung. Die Kosten für die Schreibwerkstatt übernimmt Caritas Zürich. Geschrieben wird von Hand oder auf dem Laptop. Es werden ausreichend Papier, Schreibutensilien sowie
Stromanschlüsse für die Computer zur Verfügung stehen. Teilnehmende, die gerne am Computer schreiben möchten, aber keinen Laptop mitbringen können, bitten wir, dies auf dem Anmeldetalon zu vermerken. Für Getränke (Mineralwasser und Kaffee) wird gesorgt sein. Für die Zmittagsverpflegung sind die Teilnehmenden selbst verantwortlich.
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